Sicherung der ärztlichen Versorgung in unseren Gemeinden – die Zeit drängt!

Zum Stand der Diskussion um ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Itzstedt oder anderswo im Amtsgebiet

Bereits im Vorfeld der Kommunalwahlen 2023 hatten wir uns als Grüne ja dafür stark gemacht, die Einrichtung eines MVZ zu planen, von der die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinden im Amtsgebiet profitieren würden. Das war ein zentraler Punkt in unserem kommunalen Wahlprogramm.

Die Zeit drängt, da die Mehrzahl der noch praktizierenden Ärzt*innen in Sülfeld, Itzstedt und Nahe kurz vor dem Ruhestand steht und die Arztsitze an Norderstedt fallen könnten, wenn nicht bald eine Lösung gefunden wird, um die Sitze zu erhalten.

Der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde Itzstedt, Helmut Thran, hatte die Planung für ein kommunales MVZ in Itzstedt noch vor der Kommunalwahl angeschoben. Es wurden auch bereits Mittel für die Erstellung eines ersten Entwurfes durch das Planungsbüro Grube ausgegeben. Der Entwurf wurde in der Sitzung des Gemeinschaftsausschusses der Gemeinden Itzstedt und Nahe am 10. Juli 2023 vorgestellt und diskutiert.

In dieser Sitzung, an der Martina Braune für uns als Mitglied des Ausschusses und ich als Zuhörerin teilgenommen haben, stellte der Bürgermeister von Nahe, Dr. Manfred Hoffmann, überraschend ein Gegenkonzept vor: Es gebe einen Arzt, der ein MVZ in Eigenregie und mit eigenen finanziellen Mitteln bauen und auch leiten wolle – allerdings (nur) auf Naher Gebiet. Man hätte auch schon die drei Ärzt*innen gefunden, die notwendig sind, um ein MVZ gründen zu können. Um wen es sich dabei handelt, wurde allerdings nicht preisgegeben.

Daraufhin entspann sich in der Sitzung eine Diskussion über Vor- und Nachteile eines kommunalen bzw. privat betriebenen MVZ.

Kommunales MVZPrivates MVZ
VorteileNachteileVorteileNachteile
am Gemeinwohl orientiert

Profit/Gewinn orientiert

Hohe Kosten für die Gemeinde; evtl. Darlehen; Finanzielles Risiko bei der GemeindeKeine (?) Kosten für die Gemeinde Konditionen vom Betreiber? Finanzielles Risiko beim EigentümerKein Einfluss der Kommune auf Bedürfnisse

Gemeinde trägt VerantwortungPrivate Verantwortung des Eigentümers
Residenzsicherung (Sicherung der Arztsitze am Standort)

keine Residenzsicherung
Kein Risiko der Veräußerung an Konzern

Risiko des Verkaufs an einen großen Konzern
Gemeinden können Ärzt*innen aussuchen und einstellen

Gemeinde hat keinen Einfluss auf die Auswahl der Ärzt*innen
Für Ärzt*innen: sind Angestellte; kein finanzielles Risiko; größere Freiheit in der Ausübung

Für Ärzt*innen: Kosten für Miete (Räume, Geräte etc.); finanzielles Risiko; evtl. best. Vorgaben vom Eigentümer (Leistungsvereinbarungen etc.)
Für Patient*innen: Offen für alle Patient*innengruppen (gesetzl. Versicherte und privat Versicherte) Patient*innen freundliche Sprechzeiten


Für Patient*innen: Evtl. Bevorzugung best. Patient*innengruppen (Privatpatient*innen)

Deutlich wurde an diesem Abend: Es geht weniger um die Sache – die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger – sondern (wieder einmal) um einen Konkurrenzkampf zwischen Nahe und Itzstedt

Am 18. Juli 2023 fand dann eine Info-Veranstaltung zum Thema MVZ in Juhls Gasthof statt, an dem auch die Bürgermeister und Gemeindevertreter*innen anderer Gemeinden teilgenommen haben. Der Referent, Herr Melchert, wies im Rahmen seines Vortrags auf die Dringlichkeit einer Entscheidung für die Gemeinden im Amt Itzstedt hin. Angesichts des hohen Alters der noch praktizierenden Ärzt*innen habe man keine Zeit für die Planung und Errichtung eines Neubaus. Es bestehe das Risiko, dass die Arztsitze weg seien, noch bevor der Bau fertig werde. Zudem müsse das MVZ erst gegründet werden, bevor man einen Bau beauftragt. Das Risiko wäre sonst, dass man zwar das Gebäude hat, aber keine Ärzt*innen.

Herr Melchert wies dann darauf hin, dass am Forschungszentrum in Borstel bereits ein MVZ bestehe (Lungenpraxis MVZ Borstel), an das man sich vielleicht „andocken“ könnte. Zusätzlich könnten auch Zweigpraxen als Außenstellen des MVZ an anderen Standorten entstehen.

Dieser Vorschlag wurde in der Runde allgemein sehr positiv aufgenommen und soll nun gerpüft werden. Die Bürgermeister wurden beauftragt, einen Termin mit der Leitung des MVZ für ein Sondierungsgespräch zu vereinbaren. Wir sind gespannt, was dabei herauskommt, und werden Euch weiter auf dem Laufenden halten.

Christine Künzel